Irakli Chkhartishvili
Geboren 1970 in Georgien
Diplom der Kunstakademie Tiflis (Georgien) 1997
Lebt seit 2008 in Mulhouse (Frankreich)
Zu seinen Werken gehören Skulpturen, Zeichnungen, Mosaik.
Seine Werke kann man in Privatsammlungen in Portugal, Schweiz,Frankreich und Deutschland finden.
Irakli gehört dem Künstlerkollektiv MOTOCO in Mulhouse an.
«Kunst – das ist die Frage nach der Gegenwart»
Zum Werk von Irakli Chkhartishvili – Ein Text von Barbara Schnetzelr
Durch das Ährenfeld im Abendlicht donnern die Hufe eines Pferdes. Ein Reiter rauscht durch Gold und stürmt aufziehendem Gewitter entgegen. Dunkel und stetig zieht es aus dem Schwarzwald herüber.
Hoch zu Ross am Mulhouser Bahnhof, grüsst im schwarzen Schafsfell ein bärtiger Mann. Mitten im Alltagsrummel, zwischen Taxis, Trams, und Bussen blicken Frauen mit Kopftuch, Männer in Jackets und viele Menschen in Trainingsklamotten erstaunt und amüsiert zu ihm hoch.
Etwas später, in der alten Spinnerei DMC am Eck des roten Backsteinhauses sitzt in der Hocke derselbe Mann und raucht. Nach einer Weile kritzelt er mit Kohlenstift und Kreide an die Wand eines kleinen Raumes, füllt Flächen und Formen mit Farben und komponiert ein Fresko, das den ganzen Raum erfüllen wird. Traumbilder gleich, reihen sich Frauengestallten, Tiere und immer wieder Darstellungen dieses bärtigen Mannes auf einem Pferd. Einmal als jungen Prinzen, einmal als Magier mit der Falke oder als Propheten mit aufgeschlagenem Buch. Über dem ganzen Zyklus wacht ein weisser Schwan.
Von seiner Kapelle – so nennt der Künstler sein Atelier – im Grün und nahe am Wasser stehen einsam, Menhire gleich behauene Steine und harren der Zeit. Das treiben der Menschen um sie herum kümmert sie wohl wenig. Im Näherkommen zeigen sich im rauen Block Furchen, Brüche und von Menschenhand geführte, vielgestaltige Linien. Fragmente menschlicher Figuren, gedankenvolle Gesichter und sinnliche Formensprachen aus dem Stein. Obwohl schweigsam und fast teilnahmslos, leben in ihrem Blick und Gestus eine magische Präsenz, as würden sie etwas wissen, was uns Menschen längst entronnen ist. Wer haucht da dem Stein Leben ein ?
Es ist der georgische Bildhauer Irakli Chkhartishvili, der in einem Dorf im Elsass, in einem Hinterhaus mit angrenzendem Pferdestall schafft und lebt. Sein Leben und Wirken ist direkt mit seinen beiden Pferde verwoben. So sieht er sich gleichwohl als Reiter und Kentauren, wie auch als Bildhauer. Die Begegnung mit Irakli ist direkt, unverstellt und ursprünglich. Wir sprechen über Kunst, übers Zeitgeschehen und kommen immer wieder auf den Menschen und seine existentiellen Fragen zu sprechen.
Sein Werk ist kaum gesondert von ihm selbst zu verstehen. In den meisten seiner Werke sind seine eigenen markanten Gesichtszüge zu erkennen. Seine Figuren zeigen die verschiedenen Facetten menschliches Seins – abgründig und göttlich zugleich. So begegnen wir in den Skulpturen und Zeichnungen dem Künstler als Reiter, als Faun oder Fabelwesen; als Magier oder Verführer und immer wieder als dem weisheitsvollen Propheten oder dem Heiligen Drachenkämpfer Michaels, der den Menschen die Wege zu himmlischen Reichen weist. Das Leben, es ist ein Widerspruch – die Kunst kann den Menschen in diesen Polaritäten Orientierung geben, um sich darinnen zu verorten.
Neben Selbstporträts gehören auch Tierdarstellungen zu seinen Motiven – insbesondere das Pferd taucht als Ausdruck ungebändigten Kraftpotentials in unterschiedlichen Dynamiken auf, die er auch anatomisch meisterhaft zur Darstellung bringt.
Seine Handschrift ist sicher und bestimmt. Die Figuren entrinnen mit grosser Leichtigkeit aus seine Händen – die Linien kraftvoll dynamisch und ohne jegliches Zögern. Dazwischen der Stillstand – Irakli braucht nach Vollendung eines Werkes viel Zeit, um innerlich die Energie aufzubauen, die sich in einer nächsten Arbeit entlassen wird. Er braucht dieses Nichts ehe etwas Neues entstehen kann. Niemals entstehen zwei Werke gleichzeitig – er braucht seine ganze Kraft für das eine Werk.
Die Stärke und ungeheure Präsens seiner Werke liegen im Gestus und im Blick seiner Figuren. Festes wird bewegt und lebendig. Der Bildhauer haucht dem toten, starren material des Steins Leben ein – eine Lebendigkeit die dem Moment Dauer verleiht; In ihnen wird die Vergangenheit zur Gegenwart. Kunst hat mit Ewigkeit zu tun btw. Ist die immerwährende Gegenwart.
Seine grösste Steinskulptur – ein Götterjüngling- ist gute 5 Meter hoch und steht in Portugal. Wie Schade, das unser Zeit solche monumentale Skulpturen nicht mehr fördert, geschweige denn ermöglicht. Mit Kräften Michelangelos gleich wartet hier ein Bildhauer auf die Möglichkeit, wieder einmal ein Mahnmal für die Bildhauerei und somit für Menschen zu setzen, ein Steingigant der der digitalen Schnellgesellschaft ein angemessenes Gegengewicht bieten könnte.
«Ich lebe die Kunst – ich bin die Kunst»
Einen Auszug aus einem Gespräch mit dem Künstler
Was möchtest du mit deiner Kunst zum Ausdruck bringen?
« es sind die Prozesse die wesentlich sind, und zu einem Kunstwerk führen – das Resultat ist sekundär. Wenn ich mein zunächst vollendetes Werk anschaue, ist dieses bereits vergangen… ich möchte es immerzu an die Gegenwart ungleich, verändern»
Was interessiert Dich an der Bildhauerei?
« Mich interessiert die Form, ich liebe die sinnlich erfahrbare Form. Firmen sind Berührungen. Sie bestimmen einen Raum.Die Bildhauerei hat die Aufgabe, die Materie aufzulösen – sie in den Raum zu entlassen.
Was suchst du in der Bildhauerei?
Ich versuche mich in meiner Arbeit zu finden, mein anders ich – Gott. Es ist nicht erklärbar, ich kann es nur annehmen und nicht darüber sprechen.
Von wo kommen dir Deine Ideen?
Der Schöpfer und Gott ist derselbe. Wir Menschen sind die Botschafter Gottes – und dies wir Künstler im hohen Masse.
Was brachte Dich dazu, Künstler zu werden?
Seit ich Kind war, wollte ich Künstler werden. Bereits mit sechs Jahren habe ich die ersten Figuren aus Ton modelliert. Später habe ich an der renommierten Kunsthochschule Georgiens studiert. Der Einzug in das sowjetische Militär hat dann meine künstlerische Laufbahn jäh unterbrochen.
Was sind Deine Hauptmotive in der Kunst?
Ich bin es selbst – ja ich bin ein Narzisst und somit sind die meisten meiner Arbeiten Selbstporträts.